Matmata Bergland mit Höhlenwohnungen

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Einführung
Das Gebiet um Matmata weist einen dritten Typus von Berbersiedlungen auf. In den weichen, aber strukturell doch festen Lössboden wurden vertikale Schächte von bis zu einem dutzend Metern Durchmesser eingegraben, welche quasi als Innenhöfe für die von diesen aus horizontal vorangetriebenen seitlichen Kammern dienten. Leider liegen zumindest in Matmata selbst diese urtümlichen Behausungen heute hinter konventionellen Häusern versteckt oder sind bereits in grösserem Ausmasse verschwunden. Im Umland dieses Tourismusmagneten kann man sie jedoch noch häufiger finden, so in der Gegend zwischen Beni Métir und Beni Aïssa.
Djessour-Felder
Überall in Tunesien, aber besonders in den Daharbergen um Matmata herum stösst man auf die kleinen terrassenförmigen Djessourfelder. In Taleinschnitten wird hinter Erd- oder Steindämmen (= Djessour) die Erde aufgeschüttet und darauf wenige, oft auch nur einzelne, Bäume gepflanzt. Diese Konstruktionen dienen der bestmöglichen Verwertung der kostbaren Niederschläge, die hier zurückgehalten und am abfliessen gehindert werden sollen. Solche Djessour-Einheiten werden zu wahrhaften Kaskaden hintereinander zusammen gereiht und prägen stark das Erscheinungsbild dieser Kulturlandschaft.

Tagebuchausschnitte
Durch die Dahar Berge nach Beni Kheddache
Hinter Tataouine führte die C207 an Hotelanlagen und Bunkern vorbei hoch auf eine Ebene auf welcher bald der Ksar El Ferch erreicht wurde. In der zweigeschossigen Ghorfaanlage mit zwei Innenhöfen verdingt sich ein Dromedar als Fotomodel und enlockt den überlisteten Touristen einen halben Dinar. Auf der Gratschneide der westlich davon gelegenen Dahar Bergen konnte man die herrlich gelegene Berbersiedlung Guermessa erkennen, die wir vor Tagen besucht hatten. Hinter Ghomrassen wurde die Landschaft gebirgiger und tief eingeschnittene Cañons prägten das Landschaftsbild. Die Strasse wich diesen tiefen Einschnitten aus und schlängelte sich den Bergen entlang Richtung Beni Kheddache. Trotz seiner relativen Grösse fanden wir am Hauptplatz lediglich eine kleine Imbissbude in welcher wir uns verpflegen konnten. Ein weiteres grösseres Restaurant befand sich in schönster Aussichtslage auf dem Pass nördlich oberhalb des Ortes.
Auf der Piste von Bir Zoui nach Zmerten
Da wir noch einmal Lust auf eine Fahrt über kleine Pisten durch einsame Berg und Hügellandschaften verspürten, wandten wir uns nach Beni Kheddache nach Westen hin der Wüste zu. Beim kleinen Wäldchen aus Eukalyptusbäumen von Bir Zoui, wo ein alter Mann eine Teebude aufgebaut hatte und die Vorbeifahrenden zu einer Pause aufforderte, schwenkten wir auf die Piste nach Norden hin ein. Nach einem weiteren Abzweig in einem kleinen Dorf folgte einsames, sanft gewelltes Hügelgebiet, in welchem nur noch gelegentlich ein Terrassenfeld oder ein Hirte mit seinen Schafen und Ziegen anzutreffen war. Bei der mit Matmata resp. Toujane markierten Y-Verzweigung hielten wir uns rechts und erreichten bald einen in aussichtsreicher Lage auf einem Hügel über einem Dorf errichteten Marabout. Nach der Passage des Dorfes erreichten wir ein asphaltiertes, kurvenreiches Strässchen, dem wir irrtülich nach rechts über einen Pass und durch eine Schlucht folgten und nach Zmerten gelangten.
Berberdorf Toujane
Die wohlerhaltenen Steinhäuschen der alten Berbersiedlung kleben an den Steilwänden eines schluchtartigen Einschnittes am Ostabfall der Daharberge. Durch den Ausbau der Strasse von Matmata nach Medenine gelangte der Ort in den Einflussbereich des Bustourismuses, welcher die Teppichläden wie Pilze aus dem Boden schiessen lässt. Schöne Überblicke auf das malerische Toujane kann man von etlichen Punkten am Rande der umliegenden Tafelberge aus gewinnen. Wir näherten uns Toujane auf dem engen, asphaltierten Strässchen von Zmerten her, verliessen dieses unmittelbar bevor es wieder auf einen Pass anstieg und erreichten die Siedlung auf einem nicht fahrbaren, groben Steinweg direkt durch die Schlucht.
Matmata, ein etwas verblasstes Schmuckstück
Matmata ist das touristische Zentrum des nördlichen Dahar Berglandes und verzeichnet entsprechend viele Besucher. Durch den Bau vieler normaler Häuser und anderer sichtverstellender Einrichtungen hat der Ort sehr viel von seinem noch vor einem Vierteljahrhundert offenbarten Charme eingebüsst. Damals dominierten klar die Höhlenwohnungen das Dorfbild und von etwas oberhalb erblickte man eine wahrhafte Kraterlandschaft, in welche lediglich ein paar weissgetünchte Marabouts und einzelne Palmen Farbtupfer setzten. Heute muss man sich die Wohnhöhlen richtig gehend suchen oder sich von einem der vielen Kindern führen lassen. Am einfachsten hält man sich an eines der beiden älteren Höhlenhotels, die einen guten Einblick in die Architektur der Höhlenwohnungen und zudem auch ein wohlschmeckendes und reichliches Couscous zum Mittagessen anbieten. In den Hotels werden sich auch die Fans des Films «Star Wars» fast wie zu Hause fühlen, wurden doch wichtige Sequenzen hier gefilmt.
Beni Metir und Beni Aïssa im Matmataumland
Nur eine kurze Distanz von Matmata entfernt an der Strasse nach Douz liegt der kleine fast unsichtbare Ort Beni Métir, dessen Bewohner vornehmlich noch unterirdisch leben. Von der Siedlung sah man meist nicht viel mehr als die Eingänge zu den Wohnhölen und nur sehr wenige oberirdische Gebäude sind ausmachbar, wie beispielsweise der mit mehreren Kuppeln gebaute Marabout. Touristenbusse halten hier wahrscheinlich keine, aber eine listige alte Berberin wusste sich gut als Fotomodel in Szene zu setzen.
Ein schöner Landschaftstrich mit weiteren Höhlensiedlungen in den stark erodierten Wänden des Oueds zieht sich weiter in Richtung Beni Aïssa. Im Oued oberhalb eines uralten Brunnens mit vielen durch die Zugseile verursachten tiefen Kerben im Brunnenrand, und einer mittlerweile ebenso aufgegebenen Pumpstation, finden wir einen herrlichen Zeltplatz. Leider sind die Olivenbäume auf den Djessourfeldern bereits abgestorben und die verbleibenden hohen Palmen werden wohl in Kürze mangels Bewässerung das gleiche Schicksal erleiden.
Strasse schlängelt sich durch die Dahar Berge Strasse schlängelt sich durch die Dahar Berge
Oued oberhalb von Beni Khedache Oued oberhalb von Beni Khedache
Tal zw. Beni Khedache und Ksar Hallouf Tal zw. Beni Khedache und Ksar Hallouf
Sandra im steinigen Abstieg nach Toujane Sandra im steinigen Abstieg nach Toujane
Berberdorf Toujane am Abbruch des Dahars Berberdorf Toujane am Abbruch des Dahars
Die Dächer und Häuser von Toujane Die Dächer und Häuser von Toujane
Toujane vor der Kulisse der Daharberge Toujane vor der Kulisse der Daharberge
Wohnkrater und moderne Häuser in Matmata Wohnkrater und moderne Häuser in Matmata
Marabout in der Gegend von Matmata Marabout in der Gegend von Matmata
Eindrückliche Erosionslandschaft bei Matmata Eindrückliche Erosionslandschaft bei Matmata
Eingänge zu Höhlenwohnungen in Beni Metir Eingänge zu Höhlenwohnungen in Beni Metir

Etappen der Tunesienreise
Berge der Dorsale. Antike Ruinen inmitten teils schroffer Berge.
Sbeïtla und Kasserine. Ausgegrabene und belassene Römerstädte.
Zentrale Steppenregion. Einsame Gegend reich an Phosphat.
Bergoasen. Palmenbestandenes Mides, Tamerza und Chebika.
Oasen des Djerids. Palmenoasen am Rande des Schotts el Djerid.
Berg- und Schottpisten. Berge, Pässe, Schluchten und das Schott.
Nefzaoua Oasen. Palmen in den Sanddünen des Grossen Ergs.
Tunesische Sahara. Auf Sandpisten in und durch die Sahararegion.
Berberdörfer des Dahars. Verteidigungssiedlungen in den Bergen.
Ksars und Ghorfas. Speicherburgen der Berber.
Matmata Bergland. Siedlungen mit Kraterwohnungen der Berber.
Medina und Souks. Die geschäftige Altstadt von Tunis.
La Goulette, Carthage und Sidi Bou Said. Die noblen Vororte.
   

Foto Gallerien
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Übersicht
Startseite Tunesientour. Einführung zur Tunesienreise und Übersicht mit Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 21.01.2006 HOME