Auf Pisten über Berge und durch Schotts

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Einführung
In Mitteltunesien erstrecken sich mehrere Ausläufer des Atlasgebirges in der Form von Rücken in west-östlicher Richtung. Dazwischen liegen weite, landwirtschaftlich genutzte Ebenen, urtümliche Steppen mit wenigen Bäumen, wie die an Ostafrika erinnernden Schirmakazien, aber auch die gänzlich lebensfeindlichen unfruchtbaren Salzpfannen, die Schotts. An diese geographischen Begebenheiten angepasst verlaufen die Hauptverkehrverbindungen parallel zu den Bergrücken. Dies schien Motivation genug zu sein, diese Region orthogonal zu den Strassen auf bescheidenen Pisten über die Bergketten und die Schotts hinweg zu bereisen. Da touristische Infrastruktur weitgehend fehlt, wird in den Reiseführern die Gegend weitgehend unter Exkursionen abgehandelt, aber was ist schon ein Hotel wert gegen einen ruhigen Platz in schöner Gegend unter dem grossen Himmelszelt!

Tagebuchausschnitte
Seldja-Schlucht bei Metlaoui
Östlich des Schotts el Gharsa dehnt sich eine grosse flache Steppe aus, die im Norden unvermittelt an einem weit ausgedehnten Felswall endet. Nähert man sich dabei Metlaoui, so erblickt man bereits aus weiter Entfernung einen engen Spalt, der diesen Wall zu sprengen scheint. Wir hielten auf einer Piste direkt darauf zu und erreichten ein einsames Gehöft mit einer grösseren Wasserpumpstation dahinter. Hier veschwinden die Geleise der Phosphateisenbahn in einer Serie kurzer Tunnels, um bald darauf in der grossartigen Seldja-Schlucht wieder aufzutauchen. Wir reservierten uns jedoch die Tunnels für den Rückweg und überquerten zu Fuss die sich uns in den Weg stellenden Bergrippen. Dadurch bot sich uns eine etwas andere Perspektive der attraktiven Schlucht als die gemeinhin von den mit dem Touristenzug anreisenden Besuchern wahr genommenen.
Berberdorf Sened Djebel
Verlässt man Gafsa auf der P14 nach Osten hin Richtung Sfax erblickt man zu seiner Rechten eine langgestreckte Bergkette mit dem Dj. Orbata (1165), Dj. Biada (1163) bis hin zum Dj. Bou Hedma (790), welche Einlass gewährt zu einer vielfältigen Landschaft mit steilen Bergstaffeln, engen Schluchten, aber auch breiten landwirtschaftlich genutzten Tälern.
Wir verliessen die grösseren Verkehrströme in Sened-Gare, um entlang von Olivenbaumkulturen auf tiefsandiger Piste die Berge zu erreichen. Alsbald wechselt der Landschaftstypus, wir tauchen in ein Tal ein und erreichten alsbald das Berberdorf Sened-Djebel, dessen Bewohner es zum grössten Teil vorgezogen haben, in die Ebene hinaus ins neue Dorf an der Bahnlinie zu ziehen. Sened-Djebel selbst ist ein hübsches Dörfchen mit neuen Quartieren links des Oueds und den alten Höhlenwohnungen im Berghang zur Rechten. An den beiden Oberläufen des Flüsschens sehen wir die in Terrassenbauweise angelegten Ölbaumkulturen.
Überquerung des Djebel Biada
Die Piste auf den Djebel Biada wand sich den Hang hinauf und bestand zunehmend nur noch aus groben Steinen, die eine kontrollierte Fahrt schwierig machten und des öftern zum Absteigen zwangen. Etwas überraschend trafen wir dann auf die von Sakket heraufführende, neuerdings geteerte, Strasse auf den windumtosten Gipfel des Berges mit seinen beiden von weither sichtbaren Fernmeldeanlagen. Die Abfahrt nach Sakket war dank der guten, aber auch steilen Strasse und der schönen Ausblicke wegen ein Genuss.
Schlucht von Sakket - Bou Saad
Bei den letzten Häusern von Sakket verliessen wir die geteerte Strasse und bogen auf eine kleine nach links führende Piste ein, die nach kurzer Zeit an den Rand eines tief eingeschnittenen Cañons führte. Durch eine seltsam graue Erosionslandschaft hinab konnte der Boden der Schlucht gewonnen werden und wir fanden uns bald einmal eingezwängt zwischen hoch aufragenden glattfelsigen Wänden wieder. Spannend könnte es werden, wenn ein Tourist sein überdimensioniertes Wohnmobil durch die Schlucht lenken möchte! Mit dem Velo hatten wir das Engnis leider allzuschnell passiert.
Bled et Thala - das Land der Akazienbäume
Landschaftlich ist das breite vor uns liegende Tal eine Besonderheit unter den tunesischen Landschaften und dies dankt es dem Vorhandensein einer charakteristischen Baumart, der Schirmakazie, von welcher die Gegend ihren Namen bekam. Nach all den Olivenhainen oder den Palmengärten, die uns Mittelmeer oder Sahara symbolisieren, fühlte man sich nun auf einmal nach Ostafrika versetzt und der Anblick einer von den Bäumen äsenden Giraffe hätte uns wohl nicht weiter erstaunt.
Halfaya Pass und die Djebel al Barani
Als grösste Herausforderung des Tages erwies sich im Nachhinein die Überquerung der Sidi Mansour Ebene zwischen Bel Khir und der Haltestelle der Phosphateisenbahn, was eigentlich eine problemlose Angelegenheit hätte sein sollen. Ein unklarer Beginn und ein Wirrwahr von Pisten führte uns schliesslich auf sandigen Feldwegen und über noch sandigere Felder querbeetein zum gewünschten Ort - GPS sei Dank! Die restliche Routenfindung war kein Problem mehr, aber wir verliessen uns zur Überprüfung des Öftern auf unsere künstlichen Sterne und die Distanzangaben des Velocomputers.
Die Piste, die durch das wilde Tal mit den wolkenverhangenen Bergen auf den Halfayapass führte, war in Abschnitten so steil, dass Schieben oft die einzige Möglichkeit darstellte. Die Südseite des Passes erwies sich als eine nur leicht abfallende Hochebene und die zweite Bergkette des Djebel al Barani mit seinen Felsstöcken konnte auf einem flachen Pass leicht durchquert werden.
Auf der Piste durch das Schott el Fedjadj
Kurz vor dem Erreichen des Schotts el Fedjadj kamen wir durch ein kleines Dorf mit wenigen Palmengärten in einer, wie man so sagt, gottverlassenen Gegend. Auf dem Schott draussen hielten wir uns dann strikte an die Fahrspuren der Piste über den feuchten Grund und so verlief unsere Fahrt völlig problemlos. Dutzende von Dromedarspuren machten deutlich, i) dass man sich auch auf vier breiten Füssen gerne an die Piste hält und ii) dass auf der schlüpfrigen Unterlage auch Kamele leicht ausgleiten können. Gegen Abend erreichten wir dann eine Insel aus weissem Sand inmitten des Schotts el Fedjadj, welche einen der schönsten Zeltplätze ganz Tunesiens abgab.
Schlucht des Oued el Seldja bei Metlaoui Schlucht des Oued el Seldja bei Metlaoui
Sandra beim Überqueren des schlammigen Oued el Seldja Sandra beim Queren des schlammigen Oued el Seldja
Oued el Kebir, Gafsa und Djebel Bou Younes Oued el Kebir, Gafsa und Djebel Bou Younes
Berberdorf Sened-Djebel am Djebel Biada Berberdorf Sened-Djebel am Djebel Biada
Grosse Ziegenherde an der Piste zum Djebel Biada Grosse Ziegenherde an der Piste zum Djebel Biada
Höhenzüge in den Biada Bergen Höhenzüge in den Biada Bergen
Durch die enge Schlucht unterhalb von Sakket Durch die enge Schlucht unterhalb von Sakket
Schirmakazie in der Ebene Bled et Thala Schirmakazie in der Ebene Bled et Thala
Sandra auf der Piste zum Halfaya Pass Sandra auf der Piste zum Halfaya Pass
Sandra auf der Piste durch das Schott el Fedjadj Sandra auf der Piste durch das Schott el Fedjadj
Traumhaft schöne Sandinsel im Schott el Fedjadj Traumhaft schöne Sandinsel im Schott el Fedjadj

Etappen der Tunesienreise
Berge der Dorsale. Antike Ruinen inmitten teils schroffer Berge.
Sbeïtla und Kasserine. Ausgegrabene und belassene Römerstädte.
Zentrale Steppenregion. Einsame Gegend reich an Phosphat.
Bergoasen. Palmenbestandenes Mides, Tamerza und Chebika.
Oasen des Djerids. Palmenoasen am Rande des Schotts el Djerid.
Berg- und Schottpisten. Berge, Pässe, Schluchten und das Schott.
Nefzaoua Oasen. Palmen in den Sanddünen des Grossen Ergs.
Tunesische Sahara. Auf Sandpisten in und durch die Sahararegion.
Berberdörfer des Dahars. Verteidigungssiedlungen in den Bergen.
Ksars und Ghorfas. Speicherburgen der Berber.
Matmata Bergland. Siedlungen mit Kraterwohnungen der Berber.
Medina und Souks. Die geschäftige Altstadt von Tunis.
La Goulette, Carthage und Sidi Bou Said. Die noblen Vororte.
   

Foto Gallerien
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Übersicht
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Heinz Rüegger - 29.01.2006 HOME