Shiraz und Persepolis

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Einführung
Die Millionenstadt Shiraz ist in den Augen der Perser die Stadt der Liebe, der Rosen und der Nachtigallen, denn hier lebten und wirkten zwei der berühmtesten Dichter des Landes, Sa'adi und Hafez. Es sind ihre Grabmäler, die zu den wichtigsten touristischen Attraktionen der Stadt gehören. Insbesondere versucht jedes junge iranische Hochzeitspaar, das es sich leisten kann, seine Hochzeitsreise nach Shiraz zu lenken, um dem Hafez, welcher quasi als Schutzpatron der Liebenden gilt, einen Besuch abzustatten.
Zweifellos einer der ganz grossen Höhepunkte jeder Iranreise stellt der Besuch der achämenidischen Residenzstadt Persepolis dar, die mit ihren eindrücklichen Hochreliefdarstellungen des Empfanges der Völkerschaften zum Neujahrsfest zum Kulturgut der Menschheit der ersten Güteklasse zählen muss.

Tagebuchausschnitte
Shiraz, Stadt der Poeten und der Gärten
Die in den Ausläufern des Zagrosgebirges gelegene Stadt Shiraz gilt nicht nur wegen der nahegelegenen Ruinen der achämenidischen Residenz Persepolis als ein wichtiges Reiseziel. Insbesondere die Iraner besuchen sie wegen der Grabmäler der beiden bedeutenden Literaten Sa'adi und Hafez. Daneben beherbergt sie weitere Sehenswürdigkeiten, die jedoch jenen aus Isfahan nicht ganz das Wasser reichen können. Einen herrlich erfrischenden Aufenthaltsort bieten auch die vielen grossen und schöngestalteten Parkanlagen der Stadt.
Sa'adi (1193 - 1292)
Sa'adi, dessen Dichtername von seinem Adoptiv-Vater Atabeg Sa'ad ibn Zangi herrührte, hatte in Wirklichkeit natürlich einen weitaus längeren Namen - Muscharrif ud-Din ibn Muslih ud-Din Abdallah Shirazi - unter welchem ihn aber fast keiner kennt. Er wurde 1193 in Shiraz geboren und erreichte das hohe Alter von beinahe 100 Jahren. Sein Leben lässt sich grob in Drittel einteilen: Das erste Drittel widmete er sich der Gelehrsamheit und studierte beispielsweise in Bagdad. Das zweite Drittel galt der Reise, welche ihn durch die gesamte islamische Welt führte, wobei er dabei unter anderem auch in die Gefangenschaft der Kreuzritter geriet. Das letzte Drittel lebte er zurückgezogen und asketisch und widmete sich dem Mystizismus der Sufis. Als seine Hauptwerke gelten die 1257 und 1258 verfassten Bostan, der Obstgarten und Golestan, der Rosengarten. In ihnen legte Sa'adi seine Weltanschauung nieder, die er mit Stellen voll zarter Sinnlichkeit auflockerte. Sa'adi war ein Philosoph, von dem jedoch gesagt wird, dass er sich den Titel Philosoph verwirkte, indem er verständliche Dinge schrieb!
Hafez (1320 - 1389)
Der Dichter Khwa-djeh Shams ad-Din Mohammed Shirazi ist uns unter seinem Dichternamen Hafez in Europa besser bekannt als andere persische Literaten, weil Goethe ihn als seinen Dichterbruder betrachtete und mit ihm im «Westöstlichen Diwan» ausführlich kommunizierte. Sein Name Hafez lässt darauf schliessen, dass er sich auch mit religiösen Studien beschäftigte, ist dies doch der Ehrentitel für jemanden der den Koran auswendig kennt und wie bei uns die soganannt «Bibelfesten», die zu jeder Situation das richtige fromme Zitat bemühen können. Als grösster Lyriker Persiens gilt er natürlich wegen seiner Liebesgedichte, die nicht immer nur voller zarter Zurückhaltung und Gefühlsregung war. Wie käme es sonst, dass über die Jahrhunderte immer wieder Teile seines von Freunden im «Diwan» zusammengefassten Werkes mit einem Publikationsverbot belegt wurden.
Shiraz-Wein oder Wein aus Shiraz?
Als wir die in der Stadt gelegene Zitadelle Arg-e-Shiraz besuchten, fanden wir in deren Umfassungsmauer ein kleines Ladengeschäft, in welchem Flaschen des lokalen Weines angeboten wurden. Die Kelterung war offensichtlich eher auf süsslich angelegt und der Wein hatte deshalb mehr den Charakter eines «Sauterne» als was wir uns beispielsweise unter einem «Shiraz» kalifornischen oder australischen Ursprungs vorstellen, schon gar nicht was wir von einem französichen «Syrah» erwarten. Ob die letzteren Traubensorten überhaupt eine genetische Gemeinsamkeit mit der in Shiraz angebauten Art besitzten, entzieht sich unserer Kenntnis. Geschmeckt hat er trotzdem und die kleine Sinnesfreude des Weingenusses wird ja von den Dichtern oft im Einklang mit der Liebe besungen und passt deshalb genau zum Bild der Stadt.
Ausflug nach Persepolis, der antiken Residenzstadt
Nach einer kleinen Fahrt mit dem Minibus nach Marvdasht und dem Taxi weiter nach Persepolis standen wir vor dem riesigen Gelände der von den Iranern Takht-e-Djamshid, Thron des Djamshid, genannten antiken Residenzstadt. Djamshid ist weniger eine reale historische Person denn ein legendärer König der iranischen Sagenwelt. Parseh, oder Persepolis, wie es die Griechen benannten, ist eine Gründung des Achämeniden Darius des Grossen auf dem Höhepunkt seiner Macht etwa um 518 vor Christi Geburt. Sie wurde bereits im Jahre 331 vor Christus von den Heeren Alexander des Grossen in Schutt und Asche gelegt und nie mehr grossflächig besiedelt. Aus letzterem Grund ergab sich der glückliche Umstand, dass noch sehr viel des alten Kulturgutes gut erhalten die Jahrtausende überstanden hat. Sorgfältig ausgeführte Arbeiten zur Restauration haben dazu beigetragen, dass man einen recht lebensnahen Eindruck der Anlage gewinnen konnte.
Bedeutung von Persepolis und das Nowruz-Fest der Iraner
Neben den alterwürdigen Residenzstädten Ekbatana, Pasargadae, Susa und Babylon war mit Persepolis eine weitere hinzugekommen, in welcher die achämenidischen Herrscher zu zeromoniellen Anlässen weilten und Festlichkeiten begingen. Der höchste Feiertag der Perser war und ist der am 21. März gegangene Anfang des Neuen Jahres, das Nowruz-Fest. Zu diesem Anlass fanden die Völker des Reiches mit ihren Tributen für den Herrscher den Weg nach Persepolis. Die Herrschaften und ihre Gaben sind in Reliefform an den Treppenaufgängen zur sogenannten Apadana, dem Empfangspalast, verewigt: Meder, Elamer, Areier, Arakhosier, Ägypter, Baktrier, Sagartier, Armenier, Babylonier, Assyrer, Skythen, Qandharer, Soghdier, Lyder, Kappadokier, Ionier, Parther, Inder, Thraker, Araber, Karer, Lybier und Äthiopier machen ihre Aufwartung beim König der Könige.
Paläste der Herrscher
An die Apadana anschliessend liegen die Paläste des Darius und des Xerxes. In Reliefs werden die beiden Herrscher zusammen mit Dienern gezeigt, die beispielsweise Sonnenschirme tragen oder mit einem Wedel Fliegen fern halten. Auf andern sind Bilder der Torwächter oder von Diener auszumachen, die Gegenstände oder Speisen durch die Gemächer transportieren. Die gesamte Anlage war wirklich eindrücklich und man hätte noch Tage mit dem Studium von Details verbringen können, ohne dass lange Weile einen ergriffen hätte.
Mauer und Turm der Zitadelle Arg-e-Shiraz Mauer und Turm der Zitadelle Arg-e-Shiraz
Gartenanlage in Shiraz Gartenanlage in Shiraz Grabmal des Dichters Hafez Grabmal von Hafez
Alte Häuserzeile in Shiraz Alte Häuserzeile Teehausszene in Shiraz Teehausszene
Persische und Medische Gardisten Persische und Medische Gardisten
Diener mit Schalen Diener mit Schalen Diener mit Lamm Diener mit Lamm
Darius der Grosse Darius der Grosse
Wohnpalast des Darius Wohnpalast des Darius Darius der Grosse unter einem Baldachin Darius mit Baldachin
Kapitell mit doppeltem Pferdekopf Pferdekopfkapitell Reliefschmuck an einer der Pforten zum Palast Pforte zum Palast
Kapitell mit doppelköpfigem Adler Kapitell mit doppelköpfigem Adler

Etappen der Orientreise
Istanbul. Metropole am Bosporus.
Anatolien. Die Hauptstadt Ankara, Kappadokien und Erzurum.
Irans Norden. Die Städte Täbriz, Teheran und Mashhad.
Afghanistans Nordroute. Auf Piste von Herat nach Mazar-i-Sharif.
Hindukusch mit Bamiyan und Band-i-Amir. Buddhas und Seen.
Durch Belutschistan. Bemerkenswertes aus Pakistan.
Irans Süden. Die Städte Bam, Kerman und Yazd.
Isfahan. Paläste, prächtige Moscheen und armenische Kirchen.
Persepolis. Ruinen und Flachreliefs in der alten Kaiserstadt.
Iranisch Kurdistan. Hamadan und Kermanshah in den Bergen.
Türkische Schwarzmeerküste. Grüne Vegetation, blaues Meer.
   

Foto Gallerien
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Übersicht
Startseite Orienttour. Die Reise durch die Türkei, den Iran und Afghanistan mit Übersicht und Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 10.06.2006 HOME