Einführung
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Die letzte Etappe unserer Mali-Reise war gekennzeichnet durch einen steten Wechsel der Landschaftstypen. Als erstes befanden
wir uns in den bewässerten Ländereien des «Office du Niger», welches durch die Errichtung des
Dammes in Markala und zweier Kanäle grosse Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung zuführen wollte.
Mit dieser Massnahme entstanden Landstriche, welche in ihrem aquatischen Charakter einem künstlich geschaffenen Binnendelta
entsprechen. Zwischen Ségou und Bamako fand sich dann der relativ naturbelassene Forêt de la Faya mit zahlreichen
uns unbekannten Spezies an Bäumen und Sträuchern und einer grossen Artenvielfalt an Vögeln. Ein
hübscher Felsriegel am Zugang zur Stadt Bamako bot noch einmal eine Abwechslung, wie auch die eindrücklichen Stromschnellen
des Nigers, welche durch die «Chaussée submersible de Sotouba», dem ältesten Nigerübergang
in Bamako, überwunden werden können.
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Tagebuchausschnitte
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Ende der Kanufahrt auf dem Niger
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Am späteren Nachmittag des 15. Januars legten wir bei einem kleinen Dorf am nördlichen Nigerufer an. Dieses verfügte
über einen kleinen Hafen, von welchem Pirogenfähren Reissäcke ans andere Ufer übersetzten, die mit Pferdekarren
antransportiert worden waren.
Wir rechneten uns gute Chancen aus, dass die wegführende Piste wohl bald auf die asphaltierte Strasse treffen müsse, welche die
Städte Massina und Ségou verbindet. Um die Passierbarkeit zu prüfen, baute ich mal das Fahrrad zusammen und legte
dann auf der sandigen Piste los. Die Strasse kam aber nicht so schnell wie erwartet in Sicht und ausserdem lagen noch zahlreiche Hindernisse dazwischen, von denen noch
zu berichten sein wird. Nach etwa vier Kilometern erreichte ich dann schliesslich ein grosses Dorf an der Strasse und kauft auf dem Markt
eine Tüte Pommes zu fünf Francs CFA das Stäbchen. Diese in der einen Hand haltend radelte ich wieder zu unserem
Anlegeplatz zurück, immer ein bisschen Bange, die richtige der vielen Abzweigungen zu kriegen.
Unter den Augen der ganzen interessierten Völkerschaften wurde die Toubabou-Piroge in ihre Einzelteile zerlegt, in einen grossen Sack
gestopft, auf ein komisches Wägelchen gehisst und dieses schliesslich ans Velo angehängt. Dann versuchten wir möglichst
würdevoll den ersten sandigen Abschnitt am Nigerufer zu bewältigen.
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Eine Landschaft aus teilweise ausgetrocknetem Flusstal
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Es war klar, dass wir es bis Sonnenuntergang nicht mehr über das Dorf an der Strasse hinaus schaffen würden, aber
Plätzchen auf dem Weg dahin hatte ich auf der Erkundungsfahrt ja ausreichend viele gesehen und dies in einer wirklich tollen Umgebung.
Diese bestand aus einer Serie parallel liegender Sandbänke oder Sanddünen, welche in der Regel mit Bäumen bewachsen
waren. Dazwischen lagen Tröge, die entweder durch das Fallen der Pegel des Nigers schon trocken gelaufen waren oder in Kürze
trockenlaufen würden. Um Abschnitte des letzteren Typs machte die Piste meistens einen Bogen, um dann bei einer seichten Stelle,
die gefurtet werden konnte, hinüber zu führen. Der sandige Untergrund war in der Regel noch fest und daher leicht zu befahren.
Das Zelt schlugen wir in der Nähe der grossen Termitenhügel und in Hörweite des Strassendorfes auf. Wir kamen
in der Folge in den Genuss eines noch lange in die Nacht hinein vernehmbaren Trommel-Konzertes.
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Das künstlich geschaffene Binnendelta des «Office du Niger»
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Das «Office du Niger» ist ein koloniales Vermächtnis Frankreichs an die Region nördlich und nordöstlich
der Stadt Ségou. Die Vision ihres ersten, französischen Generaldirektors Émile Bélime war es, den wüstenhaften
Landstrich in dieser Gegend, welcher auch als «Totes Delta» bekannt ist, durch die Errichtung eines riesigen Staudammes bei Markala
und einem ausgeklügelten Bewässerungssystem in eine fruchtbare Landschaft zu verwandeln. Die Errichtung des Dammes und der
Kanäle basierte auf Sklavenarbeit, wie auch die darauf folgende Kultivierung des Landes. Nach Aufhebung der Sklaverei nach dem Ende des
zweiten Weltkrieges konnte kein ausreichendes Personal mehr rekrutiert werden für den Ausbau und den Unterhalt der Anlagen.
Die Urbarmachung beschränkte sich auf einen kleinen
Bruchteil der ursprünglich geplanten Fläche. Stand ursprünglich die Produktion von Baumwolle im Vordergrung, um die
französische Industrie mit einem wichtigen Rohstoff zu beliefern, so wird heute hauptsächlich Reis und Zuckerrohr für den
heimischen Markt produziert. Es gibt aber immer noch Konfliktpotential, beklagen sich doch die Bauern über die hohen Pachtzinse, welche
ihre Anstrengungen fast zu Nichte machen - wie zuvor gehört alles Land noch dem «Office du Niger».
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Dem Canal de Massina entlang zum Damm von Markala
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Vom Staudamm in Markala gehen zwei grössere Kanäle ab; der Canal du Sahel führt das Wasser nach Norden in die Gegend
von Niono während der Canal de Massina in gutem Abstand etwa dem Lauf des Niger folgt. Im weiten Gelände zwischen Kanal und Fluss
fuhren wir auf der guten und trotzdem verkehrsarmen Asphaltstrasse nach Markala. Das Vorherrschen von dornigen Büschen am Wegesrand zeigte die Nähe
zur Wüste an, während das umliegende Gelände durch die künstlich geschaffenen Gewässer geprägt war. Mit Seerosen überwachsene
Kanäle und Teiche im Wechselspiel mit Reisanbauflächen ergaben einen landschaftlichen Eindruck, wie er auch für das weiter
stromabwärts liegende Binnendelta des Nigers charakteristisch ist. Insgesamt beinhaltete dieser Abschnitt eine sehr abwechslungsreiche Strecke mit immer
wieder überraschenden Ausblicken in malerische Landschaften.
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Am Staudamm von Markala
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Beim lebhaften Marktflecken Markala staut ein 2.6 km langer Damm den Niger zu einem ordentlich grossen See auf, der durchaus seine
Reize aufweist. Unterhalb des Wehrs finden sich einige kurze Stromschnellen, wohl einer der wenigen Orte auf diesem Abschnitt des Nigers,
welcher Wildwasserqualitäten aufweist. Während auf der Seeseite Fischer mit ihren Pirogen unterwegs waren, wuschen auf der
andern Seite die Frauen ihre Wäsche und ihr Geschirr und legten diese Habseligkeiten zum Trocknen auf die Felsen aus. Über das
lange Wehr führt auch eine der wenigen Brücken, die den Strom queren.
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Mittagessen in Ségou
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In der östlichen Vorstadt von Ségou wurden wir auf ein Schild aufmerkam, welches uns den Weg
zu einem Restaurant mit «cuisine internationale et africaine» wies. Eine offene Esshalle in einem grossen
Hof, der gleichzeitig auch ein bisschen Markt, Pferdestall und Reparaturplatz war, schien vom Stil her eher afrikanisch denn international zu sein.
Uns jedenfalls sollte es recht sein. Die vielen Fliegen, die sich auf den Tischen niedergelassen hatten, liessen sich leicht verscheuchen und waren auch gar nicht
aufsässig. Das Essen mundete vorzüglich und sogar ein kühles Bierchen liess sich von der Bedienung irgendwo im Quartier
organisieren.
Nach dem Aufstocken unserer Vorräte verliessen wir uns auf die Schilder, die den Weg nach Bamako wiesen und
fuhren leider auf einer grossen Strasse, welche die Stadt umging. Es wäre sicher schöner gewesen, wir wären
durch die Stadt gefahren, ein Umweg wärs auf jeden Fall nicht gewesen.
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Im Lande der Erdnüsschen
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Die Region um Ségou ist auch Anbaugebiet von Erdnüssen, die auch eines der wenigen Exportprodukte
Malis darstellen. Geröstete Nüsschen wurden auch überall im Lande angeboten, allerdings waren diese wesentlich
kleiner als die üblicherweise sich bei uns im Handel befindlichen Sorten. Die rötliche Haut, welche die eigentliche
Frucht einhüllt war jeweils schlecht zu entfernen und wurde in der Folge meist einfach mitgegessen. Den oberirdischen
Teil der Pflanze bekommt man, ähnlich wie bei den Kartoffeln, normalerweise nicht zu Gesicht, deshalb machten wir von
der Gelegenheit Gebrauch und inspizierten ein entsprechendes Feld. Beschämend wars, zu Hause feststellen zu müssen,
dass es sich bei den vermeintlichen Erdnusspflanzen um jene des Manioks gehandelt hatte!
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Durch den «Forêt de la Faya»
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Beim «Forêt de la Faya» handelt es sich um einen unter Schutz stehenden Wald der sudanesischen Savanne.
Man sollte sich dabei keinen dichten Urwald vorstellen, sondern vornehmlich einen Buschwald, der auf den Höhen trockener
und niedriger ist, in den feuchteren Mulden dagegen grüner und mit höheren Bäumen daherkommt. Wir trafen viele uns vollkommen
unbekannte Sträucher und Bäume, darunter solche mit harten, kugelförmigen Früchten in der Grösse und Farbe von
Mandarinen, oder schlangenförmige dunkle Schoten von bis zu einem halben Meter Länge.
Nebst dem Reichtum an Pflanzen konnten wir auch eine reiche Vogelwelt beobachten. Leider waren die Vögel
meist zu scheu, und uns nicht nahe genug heran kommen liessen, um wirklich gute Bilder schiessen zu können.
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Kraxeln im malerischen Felsriegel auf den Anhöhen vor Bamako
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Bei der Annäherung an die Stadt Bamako stiessen wir ganz überraschend auf einen Riegel von schön geformten
Felsen. Als von der Hauptstrasse eine kleine Piste abging, konnten wir nicht widerstehen und schlugen den Weg zu diesen bizarr
anmutenden Strukturen aus Stein ein. Bald hatten wir auch einen Geissenpfad durch die Blöcke gefunden, welcher auf eine
Lücke im Kamm zielte, von welcher aus wir noch einmal höher aufsteigen konnten.
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Die «Chaussée submersible de Sotouba»
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Wenige Kilometer östlich der Pont des Martyrs im Zentrum von Bamako zwingt sich der Niger durch einen Riegel
aus Basaltfelsen, welcher zu einem letzten Vorposten der Guinea-Schwelle gehört. Bei Niederwasser teilt sich der Fluss
in viele kleine Arme, die malerisch durch enge schluchtartige Durchlässe fliessen. Auf der Oberkante der Felsen verläft
eine schmale Betonstrasse, die Flussarme jeweils in kurzen Brücken überspannend. Bis zur Errichtung der beiden
grossen Brücken in Bamako war dies der einzige brauchbare Nigerübergang und wird heute hauptsächlich von
einer Unmenge an Kleinfahrzeugen benutzt. Wie der Name «Chaussée submersible de Sotouba» suggeriert,
versinkt dieser Übergang zusammen mit dem ganzen Felsriegel in den Fluten des Nigers beim Hochwasser in und kurz nach
der sommerlichen Regenzeit.
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Grüne Gärtchen auf der Südbank des Nigers
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Auf den Menuekarten selbst der besseren Restaurants in Mali findet sich ein Angebot an Gemüse noch recht selten und
beschränkt sich oft auf Erbschen aus der Dose. Der Speisezettel der lokalen Bevölkerung scheint noch ärmer an
Gemüsen zu sein. An einzelnen Orten sind jedoch Bemühungen zum Gartenbau sichtbar und namentlich im Umfeld von
grösseren Städten scheinen sich Änderungen abzuzeichnen. Dass Gemüse und zahlreiche Obstsorten in
Mali sehr wohl gut wachsen kann zeigen die schönen Gärtchen, welche auf der Südbank entlang des rechten
Ufers des Nigers angelegt sind. Mango- und Papayabäme überragen Bananensträcher und dazwischen liegen
die liebevoll mit mehrfarbigen Eimern gewässerten kleinen Gemüsebeete. Hier werden die verschiedensten Gemüse
gezogen und man kann nur hoffen, dass das Beispiel im Lande Schule macht. Manche auf Fehlernährung zurück zu
führende Krankheit könnte wohl vermieden werden.
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Zum Abschied durch die Südquartiere Bamakos
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Nach der beschaulichen Fahrt entlang der Gärtchen am Niger erreichten wir die lebhaften Quartiere Magnabougou und Sogoninko
und kämpften uns durchs Getümmel auf die Avenue de l'Unité Africaine vor. Dabei hielten wir immer Ausschau
nach den bunten Plastikeimern, die wir in Mali so oft gesehen hatten. Aber wie meist in solchen Situationen findet man alles anderes
als man sucht - also kein originelles Souvenir aus Mali!
Ein letztes Mal «La Tour de l'Afrique» und dann kurz vor dem Flughafen einen letzten Sonnenuntergang in Mali - «Au
revoir Afrique»
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Fahrt durch ausgetrockneten Flussarm des Nigers
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Sandige Piste durch Binsen des Binnendeltas
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Spülende Frauen und Furten eines toten Nigerarmes
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Fischerpirogen im Canal du Massina bei Kolongotomo
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Reisstroh im Bewässerungsgebiet bei Sansanding
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Verlandeter See im Staubereich des Markala-Dammes
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Brücke über den Niger beim Staudamm in Markala
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Früchte der Baobabs
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Hain mit jüngeren Baobabs
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Baum mit langen, schlangenförmigen Schoten
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Blüten des Cotton Tree
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lat. Bombax Ceiba
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«Forêt de la Faya»
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Afrikan. Frauenstatue
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Milchzentrale in Kassela; ein Schweizer Hilfsprojekt
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Kraxeln im Felsriegel auf der Höhe vor Bamako
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.... zum entsprechenden Preis, versteht sich wohl!
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Der Niger zwingt sich durch eine Enge aus Basaltfelsen
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Verkehr auf der «Chaussée submersible de Sotouba»
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Gartenlandschaft auf der Südbank des Nigers in Bamako
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