Monument Valley zw. Hombori und Douentza

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Einführung
Der erste Tag unserer Fahrt von Gao gegen Westen führte uns durch eine typische Sahellandschaft mit dornigen Sträuchern auf Dünen, die aus früheren Epochen der Erdgeschichte stammen. Häfig sieht man Kamele am Wegesrand, aber die Hoffnung, einen Elephanten im Gourma-Reservat zu sehen, erfüllt sich nicht. Die Strecke zwischen Hombori und Douentza gilt dann als eine der schönsten des Landes mit zahlreichen, steil aufragenden Bergstümpfen, welche die gute Strasse säumen . Es handelt sich dabei um Reste eines grösseren Tafelgebirges, von welchem noch die härtesten Gesteine in der Form von Ruinenbergen übrig geblieben sind. Leider konnten wir sie, und darunter die charakteristische «Main de Fatima» nur von nächster Nähe und erst noch nur schemenhaft sehen, weil ein Sandsturm uns die Fernsicht verwehrte.

Tagebuchausschnitte
Der Sahel - ein dornenreicher Landstrich
Dornbüsche, dornige Sträucher und jede weitere Art von dornenbewehrten Pflanzen charakterisieren den Sahel, diesen Landstrich am Rande - oder wörtlich am Ufer der Wüste. Es ist schiere Überlebensstrategie, welche solche Merkmale hervorbringt. Ziegen und Dromedare haben zwar gelernt, kunstvoll die kleinen Blättchen zwischen den schützenden Stacheln und Dornen heraus zu picken, können aber nicht wie sonst üblich gleich den ganzen Ast auffressen. Schützt sich die Pflanze dergestalt vor ihren Fressfeinden, haften die klettenartig ausgestalteten Samen an deren Fell oder Haut und und garantieren der Pflanze ein ausgedehntes Gebiet zur Verbreitung.
Cram Cram - Sudanklette - Cenchrus biflorus

  «Es war eben hier im Thale Budde, wo ich zum ersten Male den lästigen Charakter des Katengia kennen lernte, welches neben der Temite dem Reisenden in Central-Afrika die grösste und unablässigste Beschwerde verursacht. Es war zur Reife gekommen, und die kleine, klettenähnliche Samenkapsel hing sich an alle meine Kleider. Es ist in der That, wenigstens für einen Europäer, notwendig, stets eine kleine Zange bei sich zu haben, um die Stacheln aus den Fingern zu ziehen, welche, wenn darin gelassen, Wunden und Eiterung zur Folge haben; selbst der halbwilde Eingeborene ist nie ohne solches Werkzeug.»


Heinrich Barth
zitiert aus René Gardi «Cram Cram» Benteli Verlag, Bern, 1971
Campieren oder eine dornenvolle Erfahrung
Zum ungestörten Campieren ziehen wir uns gern ein bisschen zurück und suchen Sichtschutz von der Strasse. Bei Sonnenuntergang kamen wir an einer kleinen Hecke aus Büschen vorbei, die uns als Deckung für die Nacht wie gerufen kam. Wir fuhren dahinter, schlugen das Zelt auf, machten und ans Kochen und fragten uns alsbald warum es denn in der Haut so jucke? Moskitos warens keine, aber Kletten um so mehr! Wir waren dann in der Folge dieser Entdeckung ein bisschen beschäftigt und klaubten die Plagegeister aus den Kleidern und auch vom Gepäck ehe wir dieses im Zelt unterbrachten. Unter keinen Umständen wollten wir diese in unseren Schlafsäcken haben. Ein Blick auf unsere Räder offenbarte, dass wir auf dem kurzen Weg abseits der Strasse dutzende von Stacheln eingefahren hatten. Am nächsten Morgen trugen wir Velos und Anhänger bis auf den Asphalt und zogen Stachel um Stachel aus deren Reifen. Hätten wir all diese tiefer eingefahren, hätten unsere Schläuche wie ein Sieb aussehen können. Es hätte durchaus sein können, dass wir vor Änderungen in unserem Reiseplan gestanden wären. Die extra eingekauften tollen Reserveschläche hatten nämlich zu Hause den Weg nicht in unser Gepäck gefunden!
Mare - Wasserlöcher zum Überleben
Die Region Gourma weist zahlreiche saisonale Seen auf, die Mare genannt werden, z. B. das Mare de Gossi, um eines der vielen zu nennen. Die kleineren davon trocknen in der Trockenzeit vollständig aus, während die grösseren bis zur nächsten Regenzeit genug Wasser aufweisen können, um die grossen Nutztierherden daran zu tränken. Auch die Elephanten suchen diese überlebenswichtigen Wasserreservoire auf ihren jährlichen Wanderungen auf.
Keine Elephantensichtungen im Reservat von Douentza-Gourma
Etwas im Widerspruch zur allgemeinen Situation in Mali, einem Land in welchem der Bestand an Wildtieren durch erbarmungslose Jagd praktisch ausgelöscht wurde, soll es in der weiteren Umgebung von Hombori noch einige hundert westafrikansiche Elephanten geben. Durchs Jahr hindurch wandern diese auf einem ca 600 km messenden Zirkel rund um das Gebirgsmassiv von Hombori herum. Auf der Suche nach Futter und Wasserstellen verlassen sie Burkina Faso im November nordwärts und ziehen in die Region im Nigerbogen. Beim Beginn der Regenzeit im Juni lockt dann wieder der grüne Süden und die Herden wandern zurück nach Burkina Faso. Auf dem Weg in den Norden sollten sie etwa zur Zeit des Jahreswechsels die Strasse zwischen Mopti und Gao queren. Mit (viel) Glück wäre es um diese Zeit möglich, einige Exemplare dieser Elephantenart von der Strasse aus zu Gesicht zu bekommen. Wir hielten natürlich den ganzen Tag über Ausschau, das entsprechende Glück blieb uns aber verwehrt. Einzig die üblichen Nutztiere, zu welchen sich in dieser Gegend häufig auch Herden von Dromedaren gesellten, konnten häufig beobachtet werden.
Zum Trost lesen wir im Reiseführer, dass auch die professionellen Anbieter von Elephanten-Safaris, die über Erfahrung und dank Geländefahrzeugen stark erweitertem Aktionsradius verfügen, beim Auffinden der Herden nicht immer erfolgreich seien. Jedenfalls solle man beim Aushandeln des Honorars eine Aufspaltung in einen Grundbetrag und eine Erfolgsprämie achten!
Harmattan und viel Staub in der Luft
Als wir am frühen Morgen bei der Ortschaft Gossi aus dem Zelt krochen hatten wir zuerst den Eindruck als läge ein feiner Morgennebel über der Sahellandschaft. Die aufgehende Sonne präsentierte sich riesengross und leicht verschleiert, während der Blick auf die Silhouetten der Baobabs wie durch ein Objektiv mit einem Weichzeichnenfilter erschien. Bald wurde aber klar, dass in der Nacht ein als Harmattan bekannter Wind allerfeinsten Staub aus den Wüstenregionen herangebracht hatte, welcher nun alles verhüllte. Gestern Abend hatten wir bei excellenter Sicht in der Ferne noch die Umrisse der Berge um Hombori gegen den Horizont ausmachen. Am heutigen Morgen mussten wir noch gut 70 Kilometer bis quasi unmittelbar an deren Fuss zurücklegen, um sie wenigstens schemenhaft wieder erkennen zu können.
Schemenhafte Wahrnehmung des Hombori-Bergmassivs
Leider dauerte die sehr eingeschränkte Sichtweite über die nächsten Tage hinweg an, so dass wir von der eindrücklichen Bergkulisse in dieser Gegend lediglich einen schemenhaften Eindruck gewinnen konnten.
Als erstes hatten wir den Tombori Tondo, den mit 1155 m Höhe höchsten Berg Malis, zum Greifen nahe vor uns und konnten ihn trotzdem durch den Staub kaum erkennen. Eindrücklich war dieses Phantom von einem Berg trotzdem: er schien oben ein komplett flaches Plateau aufzuweisen, welches auf jede Seite in hohen senkrechten Felsabstürzen zur ihn umgebenden Ebene hin abfällt. Am Fusse der Wände findet sich ein Wall von Erosionstrümmern. Bei uns in der deutschen Schweiz würde man fü diese charakteristische Form des Berges den Begriff «Stock» (hergeleitet von Stockzahn = Backenzahn) verwenden, an andern Orten der Welt den aus dem Spanischen stammenden Begriff «Mesa», welcher Tafel oder Tisch bedeutet.
An Stöcken in der Art des Hombori Tondos kamen wir noch öfter vorbei und wäre die Sicht gut gewesen hätten wir wohl in der Ferne noch etliche mehr erspähen können. In seiner Form hebt sich der Gami Tondo etwas westlich von Hombori von den andern Tafelbergen der Region ab. An dieser Stelle haben die Launen der Erosion relative schlanke Gebilde aus den Platten heraus gearbeitet, welche von Osten her betrachtet wie Finger einer Hand aussehen. Entsprechend ist dieser Berg besser bekannt unter dem Namen «La main de Fatima» oder «Fathma».
Heftige Scherwinde am Fuss des Gandiama-Massivs
Vor Douentza verläuft die Strasse landschaftlich sehr reizvoll auf einer längeren Strecke parallel zu der senkrecht abfallenden Falaise des Gandamia-Massivs. Für uns war dieser Abschnitt gekennzeichnet durch heftigste und völlig unberechenbare Scherwinde. Es konnte sein, dass man, geschoben durch den Rückenwind, Geschwindigkeiten bis zu 50 kmh erreichen konnte um dann im nächsten Moment durch eine Böhe frontal erfasst und innert Sekunden praktisch zum Stillstand abgebremst zu werden. Um einiges gefährlicher waren jedoch die plötzlich seitlich einfallenden Walzen. Diese überraschenden Fallwinde katapultierten uns jeweils erbarmungslos auf die gegenüberliegende Strassenseite, bevor wir überhaupt eine Chance hatten, auch nur im geringsten darauf zu reagieren. Glücklicherweise war hier der Verkehr sehr schwach, sonst hätten solch unfreiwillig ausgeführte Manöver leicht schief heraus kommen können.
Hirsestampfende Frauen in Boré
Bei Boré gelangt man bereits wieder in den Ausstrahlungsbereich Moptis und des Binnendeltas, was sich durch die im Ort gelegene, grosse Banko-Moschee im Djenné-Stil manifestiert. Auf unserem Abstecher zum Dorfe hin kamen wir an einer Gruppe Frauen vorbei, welche in einer Linie aufgereiht am Stampfen der Hirse waren. Diese gemeinschaftlich ausgeführte archaische Tätigkeit gab ein ausserordentlich malerisches Photomotiv ab, welches durch die bunten Kleider der Frauen noch akzentuiert wurde. Sandra erkannte dies und erbat sich die Erlaubnis zu fotographieren, worauf eine intensive Diskussion zwischen Befürworterinnen und Gegnerinnen einsetzte, schliesslich schienen sich erstere durchgesetzt zu haben - aber es wurde ein Honorar verlangt. Als das Geschäft eh zu scheitern drohte, weil die Photographin behauptete, dass alles Geld beim zum Zeitpunkt bereits weit entfernten Toubabou sei, lenkten sie honorarlos ein und hatten ganz offensichtlich trotzdem ihren Spass.
Abendessen auf dem Campingplatz
In Sévaré hatten wir uns aus praktischen Gründen dazu entschlossen für einmal vom wilden Zelten Abstand zu nehmen und einen Campingplatz etwas ausserhalb an der Strasse nach Bandiagara aufzusuchen. Dabei machten wir auch von der seltenen Gelegenheit Gebrauch, im angeschlossenen Restaurant ein Nachtessen zu bestellen. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten war, dass wir mit diesem Akt das Todesurteil über ein armes malinesisches Hühnchen gefällt hatten: ein solches wurde aus kopfüber aus einem Schuppen geholt und kurz darauf kopflos in die Küche getragen und für uns ganz frisch zubereitet. In solchen Ländern sind die Wege von der Schlachtbank auf den Teller noch kurz und nachvollziehbar, die Grillstände an der Strasse nur die Aussenstationen der dahinter liegenden Metzgereien. Man wird unmittelbarer Zeuge, dass Fleisch von Tieren stammt, und kann nicht auf den Gedanken ausweichen, dass dieses Nahrungsmittel in Cellophanhüllen im Kühler eines Supermarktes heranwächst. Die Gefahr der Umetikettierung, wie im Falle des deutschen «Gammelfleisch-Skandals» entfällt dann wohl auch. Uns hat das frischeste aller Poulets auf jeden Fall ausgezeichnet geschmeckt!
Sandra auf der Asphaltstrasse zwischen Gao und Sévaré Auf der Asphaltstrasse zwischen Gao und Sévaré
Nomadensiedlung in der Halbwüste im Westen Gaos Nomadensiedlung in der Halbwüste im Westen Gaos
Touareg-Nomade mit zweien seiner Dromedare Touareg-Nomade mit zweien seiner Dromedare
Alte, mit Bäumen bewachsene Düne im Sahel Alte, mit Bäumen bewachsene Düne im Sahel
Heinz vor saheltypischen, dornigen Bäumen Saheltypische Dornbüsche Dromedar und Ziegen an der Tränke an einem Mare Tiere an einem Mare
Eine Mare von der Grösse eines kleineren Sees Eine Mare von der Grösse eines kleineren Sees
Zwei Bergstöcke des Hombori Tondo Hombori Tondo Berge Holzfiguren vor dem Touri-Restaurant in Hombori Holzfiguren in Hombori
Die «Main de Fatima» in den  Hombori-Bergen Die «Main de Fatima» in den Hombori-Bergen
«Main de Fatima» aus anderer Perspektive «Main de Fatima» Sonnenaufgang in den  Hombori-Bergen Beim Sonnenaufgang
Typische Gestalt eines der Tafelberge um Hombori Typische Gestalt eines der Tafelberge um Hombori
Unterwegs vom Zeltplatz zurück auf die Strasse Unterwegs vom Zeltplatz zurück auf die Strasse
Steilwände des Gandamia-Massivs Gandamia-Massiv Velofahrer mit Teppich bei Douentza Velofahrer mit Teppich
Ziegen fressen Blättchen aus Dornbusch Ziegen fressen Blättchen aus Dornbusch
Auf der Strasse zwischen Douentza und Boré Auf der Strasse zwischen Douentza und Boré
Gruppe hirsestampfender Frauen vor dem Dorf Boré Gruppe hirsestampfender Frauen vor dem Dorf Boré
Kleintankstelle an der Strasse von Sévaré nach Mopti Kleintankstelle an der Strasse von Sévaré nach Mopti
   

Reise Etappen
Vorspiel in Casablanca und Bamako Entlang der westlichen Falaise de Bandiagara
Durch das Savannenland nach Sikasso Gao, Stadt zwischen Niger und Sahara
Nordwärts durch Termitenland zum Niger Monument Valley zwischen Hombori und Douentza
Bankomoscheen in San, Djenné und Mopti Kanufahrt auf dem Niger von Mopti nach Macina
Auf dem Plateau im schönen Dogonländle Von Ségou durch den Wald zurück nach Bamako

Foto Gallerien
Impressionen. Momente der Reise festgehalten in vorerst 63 Bildern und in getrenntem Fenster angezeigt. Bilderindex
Reise in Bildern. Die in den Textteilen zur Illustration verwendeten Bilder im Grossformat in getrenntem Fenster angezeigt.
Übersicht
Startseite der Mali-Tour. Einführung zur Reise durch Mali mit Übersicht und Kurzbeschrieb der einzelnen Etappen.

Heinz Rüegger - 05.04.2008 HOME