Einführung
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Die Stadt Gao schien uns ziemlich am Ende der Welt zu liegen, obschon sie eigentlich auf Grund ihrer geographischen Lage eher
eine wichtige Zentrumsfunktion einnehmen sollte. Der heute für den Handel einzig wichtige Verkehrsweg führt nach Westen über Mopti nach
Bamako. Der Verkehr auf der einstmals bedeutenden Tanezrouft-Piste durch die Sahara nach Algerien und ans Mittelmeer ist durch
Banditentum zum Erliegen gekommen. Die Verbindung nach Niamey in der Republik Niger wartet ebenfalls auf bessere Zeiten.
Obschon wir selber der Warnung keine Beachtung schenkten, soll hier doch darauf hingewiesen werden, dass die Regierung unseres
schweizerischen Heimatlandes aus Sicherheitsgründen empfiehlt, die Anreise in die Stadt Gao ausschliesslich auf dem Luftwege
vorzunehmen.
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Tagebuchausschnitte
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Das Reisen in öffentlichen Verkehrsmitteln kann unkompliziert sein
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Kaum in Sévaré angekommen, suchten wir bereits den Gare Routière auf, um uns nach einer Transportmöglichkeit
in das rund 600 Kilometer östlicher gelegene Gao umzuschauen. Um zwei Uhr sollte ein Bus mit dieser Destination losfahren; ein
günstiger Termin, welcher uns die willkommene Gelegenheit bot,
uns vorher noch kurz die Stadt Mopti anzuschauen. Wir kauften zwei Billete an einem stark vergitterten Schalter und entrichteten
noch einmal den gleichen Betrag für den Transport unseres Gepäckes. Anhänger und Kanu konnten wir gleich beim Verantwortlichen
hinterlassen und uns dann mit leichtem Gepäck auf die Besichtigungstour
von Mopti mit seiner Lehmmoschee und seinem lebhaften Hafen machen.
Wieder zurück am Gare Routière wurden unsere Velos noch zum vielen bereits verladenen Gepäck auf das Dach
des Buses gehievt. Bald konnten wir auch mit dem Boarding beginnen, welches durch Aufruf der Passagiere in der Sequenz des Billetkaufes
erfolgte. Hatten wir auf Grund der Anzahl der vor dem Bus wartenden Personen den Eindruck bekommen, dass wohl einige Sitzplätze frei bleiben würden,
so sahen wir uns getäuscht. Die mit der Prozedur Vertrauten genossen in aller Ruhe die schattigen Plätzchen und überliessen es
den Unkundigen, in der heissen Mittagssonne vor dem Bus Schlange zu stehen. Nachdem der letzte Sitzplatz eingenommen worden war, wurden
im Längsgang Wasserkanister aufgestellt, deren Zweckbestimmung uns bald offenbar wurde. Der Bus war mittlerweile zwar schon weggefahren, aber
wir hatten die Stadt noch nicht verlassen und diese Notsitze waren alle bereits eingenommen. Jene, die noch später kamen, mussten halt mit
den sehr beengten Verhältnissen am Boden vorlieb nehmen.
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Lange Busreise durch die Dunkelheit der Nacht nach Gao
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Litten wir anfänglich noch unter der stickigen Hitze im Bus und waren um die offene Dachlucke froh, sollte sich dies nach Einbruch der Nacht
schnell mal ändern. Wir sahen deshalb erfreut zu, wie mit einigem Kraftaufwand die Öffnung geschlossen werden konnte. Von der
Landschaft unterwegs bekamen wir in der Dunkelheit nicht mehr viel mit, ausser den schemenhaften Silhouetten der Hombori-Berge. Auch von
den Ortschaften, in welchen wir einen Zwischenhalt einlegten, konnten wir mangels ausreichender Beleuchtung keinen Eindruck gewinnen. Sogar
die Kontrolle der Visa in unseren Pässen musste im arg schwächelnden Lichte einer Taschenlampe vorgenommen werden. Ohne unsere aktive Beihilfe
hätte der Beamte möglicherweise noch lange danach suchen müssen. Als wir dann nach langer Fahrt endlich in der Ferne ein Lichtermeer erblickten,
mussten wir, dass wir bald an unserem Ziel Gao ankommen würden.
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Kanubau in einer Vorstadtgasse von Gao
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Den kurzen Rest der Nacht verbrachten wir auf einem mit schütteren Palmen bestandenen Gelände am südlichen Rande der Stadt.
Wir hatten eine der allerersten Gelegenheiten genutzt, die sich uns geboten hatte, um unser Zelt aufzuschlagen. Jetzt am frühen Morgen
fuhren wir wieder zurück in Richtung Stadt, um bald einmal auf eine Quartierstrasse abzubiegen, an deren Ende wir ein Stückchen
Niger durchschimmern sahen. Am Ufer angekommen bauten wir unter den Augen der staunenden aber auch sehr interessierten Quartierbewohner unser Ally-Faltkanu
zusammen. Mit dem Zusammenbau hatten wir schon einige Erfahrung und wussten, dass der einzig kritische Punkt das korrekte Einsetzen der Sitze
betraf, aber für das Beladen mit dem vielen Gepäck und darunter insbesondere mit den beiden Velos, hatten wir noch keine Gelegenheit
gefunden, einen praxisnahen Test zu machen. Aber es funktionierte problemlos und es mussten später lediglich kleine Verbesserungen
vorgenommen werden, um die Knie- und Armfreiheit geringfügig zu verbessern. Aber bald einmal konnten wir zwischen den Geschirr
spühlenden Frauen vom Ufer ablegen und unsere ersten Paddelschläge auf einem der grossen Ströme Afrikas ausführen.
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Auf dem Niger an Gaos Hafenfront entlang
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Kaum hatten wir die ersten paar Meter vom Ufer weg hinter uns gelassen, konnten wir in der Ferne bereits unser Tagesziel, die Rosa Düne von Gao,
klar erkennen. Obschon sie in Sicht und direkt am andern Ufer des Stromes gelegen war, war uns weit weniger klar, wie wir dorthin gelangen konnten. Die einsehbare offene
Wasserfläche, die wir gerade befuhren, war relativ schmal, zumindest im Verhältnis zur Breite des Nigers, die wir mit etwa zwei bis
drei Kilometern schätzten. Zahlreiche Gürtel mit Binsen, Seerosen oder gar Reisfeldern versperrten den direkten Weg auf die
gegenüberliegende Seite des Flusses. Wir fuhren deshalb erst einmal etwas nordwärts dem Ufer entlang und kamen an der sich zum Fluss hinweisenden
Seite Gaos vorbei. Dies gab uns schon mal einen ersten Einblick in alltägliche Beschäftigungen wie das Waschen von
Geschirr, Wäsche und Kindern im Fluss oder zumindest mit dem Wasser aus dem Fluss. Daneben liefen zahlreiche Pirogen und Pinassen
die Stadt an, um dort diverse Waren anzuliefern.
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Durch Binsengestrüpp über den Strom
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Jetzt galt es für uns, den grossen Strom des Nigers zu überqueren. Wir orientierten uns einerseits an der Rosa Düne als Fernziel und andererseits
am lebhaften Pirogenverkehr, um einem günstigen Kurs zu folgen, was aber nicht immer so leicht gelang. Die mit Stacheln fortbewegten
Pirogen kamen und gingen in alle Himmelsrichtungen und waren lediglich auf Kurzdistanzen eine Orientierungshilfe; ab und zu wiesen
uns jedoch auch freundliche Pirogisten auf den einzuschlagenden Weg hin. Es war wohl allen klar, wohin diese Toubabous mit ihrem
Kanu wollten. In einigen Fällen liess es sich nicht vermeiden, dass wir Teppiche von Seerosen durchpflügen mussten, oder
uns durch Hindernisse aus Binsen durchmausern mussten. Aber immer trafen wir wieder auf offene Wasserflächen bis uns die
nächsten Pflanzengürtel stoppten. Auf der Rückfahrt mussten wir einmal gar das Kanu über eine seichte
Stelle hinweg schleppen, bis wir wieder genug Wasser unter dem Kiel hatten, um die Weiterfahrt aufnehmen zu können.
Plötzlich lag dann aber doch das sandige Ufer der steil in den Fluss abfallenden Rosa Düne ungehindert vor uns.
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Die Rosa Düne von Gao, Vorbote der Sahara
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Eine gute Stelle zum Anlegen wäre beim Dorf gewesen, aber dort erwartete uns bereits eine grosse Schar von Kindern. Wir zogen
deshalb eine möglichst weit nördlich davon gelegene Anlegestelle vor, mussten aber bald einsehen, dass wir hart gegen die
Strömung ankämpfen mussten und trotzdem keine Chancen hatten, die Kinderschar abzuschütteln, welche uns am Ufer
folgte und schneller vorwärts kam. Wir legten deshalb direkt an der Düne an und teilten durch Zücken des
Fotoapparates die Kinder in die üblichen zwei Hälften: Einige wollen unbedingt fotographiert werden, andere ganz und
gar nicht!
Die Düne erklommen wir einzeln und genossen von oben endlich einen Überblick über das Wirrwar an Wasser,
Binsengestrüpp, Reisfeldern und Inseln mit Gehöften, welches sich unter uns bis hin nach Gao erstreckte. Die Düne
weist die für Sand maximal mögliche Steigung auf und beim Runtersteigen hatte man oft den Eindruck, dass man auf einer
Sandlawine runterfahren würde.
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Helfende Hände bei der Demontage des Kanus im Hafen von Gao
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Natürlich hätten wir wieder zurück zu unserer ruhigen Quartierstrasse gehen können, um das Kanu auf den
Veloanhänger zu verladen, da wir aber noch Proviant für einige Tage einkaufen mussten, entschieden wir uns für einen
Anlegeplatz in der Nähe des Stadtzentrums. Aber dies war leichter gesagt als getan! Die guten Plätze waren schon alle vergeben,
aber wir fanden schliesslich doch noch einen kleinen Durchschlupf zum Strand in der Gegend des eigentlichen Hafens der Stadt Gao. Kaum hatten
wir das Kanu an Land gezogen, waren wir auch bereits von einer grossen Menge an Leuten umringt, von welchen uns etliche beim Auseinandernehmen
und Verpacken behilflich sein wollten. Obschon wir sein Verhalten nicht billigen wollen, erwies sich ein junger Mann als durchaus wertvolle
Hilfe, indem er seinen Gürtel aus der Hose zog und diesen durch die Luft schwingend, versuchte die grosse Schar von Jungen auf
Distanz zu halten! Ein bisschen Freiraum braucht man durchaus, um die langen Gestänge dem Bootsrumpf zu entnehmen ohne die Enden
in irgendeines der vielen Augen zu stossen. Für ein sattes Zusammenrollen der Bodenmatte wurde dann mit Vorteil eine Stelle gesucht,
welche nicht nur den benötigten Freiraum aufwies, sondern sich auch durch eine geringere Dicht an stinkenden Fisch- und anderen
Abfällen auszeichnete. Wir lehrten jedenfalls daraus, in Mopti eine abgelegenere Stelle als der geschäftige Hafen
im Stadtzentrum zu nehmen.
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Ein arg teurer Polizei-Stempel in Gao
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Auf der Suche nach einem Supermarkt entlang der Hauptstrasse durch Gao wurden wir von einem beturbanten Guide mit Tuareg-Songhay
Herkunft gekidnappt und nach dem Einkauf im gut dotierten Laden auf die örtliche Polizeistation verschleppt. Dort mussten wir die Prozedur der
obligatorischen Registrierung über uns ergehen lassen, was uns natürlich nicht ganz billig zu stehen bekam. Der für
die Touristen zuständige Beamte war gerade nicht anzutreffen und es konnte keine verbindliche Zeit für seine Wiederkunft
genannt werden. Aber ein Kollege anerbot sich, ihn mit seinem Mobiltelephon anzurufen. Einen namhaften Beitrag an die Kosten dieses
kleinen Gerätchens war wohl selbstverständlich. Weiter brauchten wir zur Registrieung noch zwei Passfotos, die in einem
nahe gelegenen Photogeschäft mit einer Polaroidkamera ausgefertigt werden konnten. Das exklusive Photomaterial und die
gebotene Eile des Geschäftes
rechtfertigten einen guten Preis. Die Registrierung selbst war erstaunlicherweise gebührenfrei aber ein Trinkgeld für den
wackeren Guide stand wohl ausser Frage. Eigentlich wären wir gerne noch Essen gegangen, aber irgendwie hatten wir genug
von diesr Stadt und sehnten uns ein wenig nach einsamen Landstrassen.
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Zurück auf der Landstrasse und unterwegs Richtung Westen
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Brücken über den Niger sind extrem rar und jene bei Gao ist noch so neu, dass in unseren Reiseführern an ihrer Stelle
noch die Fähre erwähnt wird. Die eigentliche Brücke konnte durch eine günstige Wahl des Ortes im Verhältnis zur Breite
des Stroms relativ kurz gehalten werden, der Rest der Strasse verläft dann auf einem mehrere Kilometer langen aufgeschütteten Damm
im Süden Gaos. Nach der Brücke mussten wir wieder die Polizeikontrolle passieren, an welcher in der vorigen Nacht unsere Pässe
zum ersten Mal in Mali überprüft worden waren. Wir wurden wieder angehalten und erwarteten, dass unsere Registrierung in Gao
kontrolliert würde. Dem war jedoch nicht so. Der Beamte sah wohl dem Dienst in der kommenden Nacht entgegen und hätte nur
gerne frische Batterien für seine Taschenlampe gehabt und hoffte, dass die Toubabous Ersatz dabei hätten! An diesen letzten Vorposten
anschliessend hatten wir das einsame Band der Landstrasse und der Sahel Landschaft für uns.
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Zusammengebautes Ally-Kanu in der Vorstadt von Gao
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Fischer mit seiner Piroge auf dem Niger bei Gao
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Nigerufer beim Hafen in Zentrum von Gao
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Ente zwischen den Binsen auf dem Niger
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Seerosen und Binsen vor der Rosa Düne bei Gao
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Freie Wasserfläche bis hin zur Rosa Düne
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Fischerdorf am Niger bei der Rosa Düne
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Anlandestelle Rosa Düne
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Bepacktes Ally-Kanu
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Ausblick von der Rosa Düne auf den Niger
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Blick über den Dünenrücken auf den Niger
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Farbenfrohes Treiben am Nigerufer in Gao
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Pinassenhafen bei der Markthalle von Gao
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Strassenszene im Zentrum von Gao
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Sumpflandschaft enlang des Strassendamms bei Gao
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Ziegen, Dorf und ein letzter Blick auf den Niger
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