Einführung
|
Hier war wieder eine konditionell anspruchsvolle Eintagestour angekündigt, lag doch immerhin mit dem Schärhorngriggeli
der Kulminationspunkt der gesamten Direttissima auf dem Programm. Zusammen mit dem Aufstieg vom Hüfifirn zur Hüfihütte
auf deren Hüttenweg wir das Maderanertal erreichen wollten ergaben sich wieder einmal mehr als 2000 Höhenmeter.
Die Notwendigkeit mehrere Gletscher queren zu müssen, über
deren exakten Zustand im Zeitalter ihres rasanten Schwindens kaum verlässliche Prognosen zu machen waren, machten das Unterfangen
nicht einfacher. Zudem musste zusätzlich noch etwas technisches Material im Rucksack Platz finden.
|
Routenführung in der 4. Etappe:
|
|
Unterschächen - Bielen - Mettlen - Unter Boden - Vorder und Hinter Boden - Ribiplangg - Ober Lammerbach -
Laucheren - Griesseggen - Schärhornfirn - Schärhorngriggeli - Bocktschingelfirn - Bocktschingel - Hüfifirn -
Hüfihütte SAC - Blindensee - Niederchäseren
|
Teilnehmer an der 4. Etappe:
|
|
Reinhard Kissner Sandra Loss Martin Mehl Heinz Rüegger Toni Suter
|
|
Tagebuchausschnitte
|
Schatten im Brunnital
|
Ein wunderschöner Sommertag und der Tag war bereits nicht mehr ganz jung als wir in Unterschächen losmarschieren konnten.
Trotzdem lag noch tiefer Schatten im engen Brunnital, das sich lediglich gegen das Schächental hin öffnet, sonst aber allseitig
von hohen und steil abfallenden Felswäden begrenzt ist. Die Sonne erreicht den Talgrund wohl erst spät und ein früher
Abend ist wohl auch angesagt, speziell wenn die Sonne nicht mehr den höchsten Kreis am Himmel beschreibt. Aber in der morgendlichen
Kühle liess sich schnell marschieren und die Steilstufe durch die Felsen hindurch nach Trogen gewinnen. Dort begrüssten uns
dann wieder die Sonnenstahlen.
|
Durch die Ribiplangg nach Ober Lammerbach
|
Im Gebiete des Rickli oberhalb der Trogener Alp Hinterer Boden waren die auf der Landeskarte eingezeichneten Wege nach Lammerbach nicht
immer sehr ausgeprägt, insbesondere in den grösseren Schuttfeldern verlor er sich gerne. Die Orientierung war trotzdem
kein Problem, insbesondere weil das ausgeprägte Stöckli (1887) uns den Weg vorgab. Nach dessen Passage öffnete
sich uns bald einmal der Kessel von Ober Lammerbach mit seinen Alpgebäuden, die jedoch noch nicht besetzt waren. Auf einem
Felsbrocken in der Nähe des Brunnens war eine Miniaturalp aufgebaut, vollständig mit Häschen und einer Seilbahn,
ein Zeichen, dass hier wohl auch Kinder einen Teil des Sommers verbringen und gerne spielen.
|
Auf zu den leider nicht mehr ewigen Eisfeldern
|
Tausend Höhenmeter lagen mit dem Erreichen von Ober Lammerbach bereits unter uns als der weglose Teil der Wanderung über
die Alpwiesen und die Schutthalden entlang des durch die Griesseggen hinunterstürzenden Baches begann. Zweimal kreuzte eine
Herde von Gämsen unseren Weg, die sich ungleich schneller und eleganter als wir auf diesem Untergrunde bewegen konnten. In der
Nordwand des Chli Ruchen grüssten noch kleine Reste von Hängegletschern, welche den Appetit auf die kommende Gletscherquerung
weckten. Vorerst wollte aber noch ein konventionellerer Appetit befriedigt werden, so dass hier die Mittagsrast eingelegt wurde.
|
Erste Gletschererfahrungen
|
Für die meisten unter uns war die Begehung des Schärhornfirns mit der ersten Erfahrung auf Gletschern verbunden.
Der untere Teil war vollkommen aper und
die schmalen aber dennoch recht tiefen Spalten konnten leicht überstiegen werden. Als dann der mit Schnee bedeckte
Abschnitt anstand, wurde die Gruppe ans Seil genommen und mit den paar wichtigsten Verhaltensregeln bekannt gemacht.
|
Kraxlerei durch brüchigen Fels am Schärhorngriggeli
|
In unserem Führer hiess es: «... auf den Firn und über ein Band südwärts zur Lücke». Das
erwähnte Band konnten wir oberhalb einer Steilstufe noch einigermassen gut erkennen, doch leider lag es bei unserem Besuch
etwa 20 Meter oberhalb von uns.
Der Gletscher hatte sich halt in der Zwischenzeit deutlich zurückgebildet, was man schon weiter unten an den ausgeprägten
Seitenmoränen hatte erkennen können. Glücklicherweise war der Bergschrund relativ klein und die Kraxlerei schien
einfach. Vorsicht war jedoch trotzdem geboten weil der brüchige Untergrund aus Schiefer sehr locker war und kaum einem
Griff wirklich Halt geboten hätte. Ausserdem war in diesem Terrain der Gefahr eines Steinschlages gebührend Rechnung
zu tragen. Auf dem Schärhorngriggeli öffnete sich uns dann ein wunderschöner Ausblick auf die Berge im Süden und den
mächtigen Hüfifirn unter uns.
|
Kleine Rutschpartien über die Schrofen des Bocktschingel
|
Der oberste Teil unseres Abstieges führte über den Bocktschingelfirn und am sogenannten Huetstöckli vorbei.
Diese kleine Erhebung steht wie ein Fels inmitten der Brandung der umgebenden Eismassen, was entsprechend viele Spalten in dieser
Gegend zur Folge hatte. Bald jedoch erreichten wir eisfreies Gelände mit viel Schutt und etlichen schön gefurchten Schrofen.
Wo letztere sich steil geneigt zeigten wandten wir uns vom aufrechten Gang ab und kraxelten wie die Käfer runter auf das
nächste Band mit Schutt bis wir schliesslich unterhalb einer grossen Seitenmoräne den Übergang auf den Hüfifirn
bewältigen konnten.
|
Querung des mächtigen und eindrücklichen Hüfifirns
|
Das Überschreiten des Hüfifirns gingen wir unterhalb des mächtigen Eisbruches auf der Höhe von knapp
über 2000 m an. Die mächtigen Spalten lagen lagen hier am Nordufer alle mehr oder weniger senkrecht zur Fliessrichtung
und dies erlaubt uns vorerst zügiges Vorwärtskommen. Kleine Bäche liefen über den Gletscher und
verschwanden alsbald tief ins innere der Eismassen, die herrlich bläulich im Abendlicht leuchteten. Je näher wir
dem südlichen Ufer kamen, um so stärker wurde uns klar, dass hier der Übertritt auf den Fels schwieriger
werden würde. Die Lage der Spalten hatte sich um 90 Grad geändert und diese versperrten und den Weg. Nach
einigem Zick-Zack Kurs über teilweise recht schmale Kämme hinweg fanden wir jedoch eine gute Ausstiegsmöglichkeit
und konnten am Gegenufer über Hüfifed zur hoch über uns gelegenen Hüfihütte aufsteigen.
|
Mit dem Taxi aus dem Maderanertal nach Erstfeld
|
Als wir nach dem Wiederaufstief die Hüfihütte erreicht hatten, sassen dort bereits alle beim Abendessen und der letzte Kurs
des Postautos aus dem Maderanertal nach Erstfeld hatte das Tal bereits verlassen. Die offensichtliche Idee, in der Hütte die Nacht
zu verbringen musste verworfen werden, weil ein Teil von uns am nächsten Morgen Verpflichtungen nachkommen musste.
Ein kurzers Gespräch mit dem Hüttenwart ergab, dass wir es noch schaffen würden, wenn uns das Maderanertaxi am
Ende der Fahrstrasse durch das Tal abholen und runter ins Urnertal bringen würde. Der Entschluss war rasch gefasst und wir
machten uns im Eilschritt auf, über den Hüttenweg ins Tal zu gelangen. Wir trafen noch vor dem Taxi am vereinbarten Ort ein und wärend sich die
Nacht über das Bergtal senkte, fuhren wir im Landrover Richtung Bristen, Amsteg und Erstfeld. Dort reichte es sogar noch für
einen grossen Schluck Bier, um den Erfolg zu feiern und den Körper mit Flüssigkeit und Kalorien zu versorgen.
|